Samstag, 28. Februar 2015

Suche, und du wirst finden

Ich hatte neulich Besuch am Stall. Eine Arbeitskollegin. Sie wollte mal sehen, wie sie sich Auge in Auge mit einem Pferd so fühlt. Ob sie wohl Angst hätte, Respekt, oder vielleicht neugierig würde.
Letzteres überwog und sie setzte sich sogar drauf und versuchte ein paar Runden. Wer das Trabertier kennt, kann sich vorstellen, dass das gar nicht so einfach war.
Im Verlauf des Besuchst fragte sie, ob es denn schwer sei, als Erwachsener noch Reiten zu lernen. Meine spontane Antwort war, ja, es ist schwieriger als für ein Kind, aber trotzdem kann man es lernen.
Jetzt Tage später und nachdem ich immer wieder ein bisschen darüber nachgedacht habe, fühle ich mich gedrängt, etwas mehr dazu zu sagen.
Es ist niemals zu spät, das schönste Hobby der Welt zu ergreifen. Du willst reiten? Dann denke nicht nach über dein Alter, darüber, was passieren KÖNNTE, darüber, was vielleicht andere denken. Mach es einfach.
Suche dir jemanden, der dir über das gefürchtete "Hacken tief, Fußspitzen hoch! Daumen nach oben! Schultern zurück!" die Möglichkeit gibt zu fühlen. Zu fühlen, wie sich 600 kg Muskeln unter dir edel und anmutig bewegen. Wie Kraft und Eleganz zusammen gehören. Jemand der dir zeigt, wie man Harmonie im Sattel erlebt. Der dir auch die Zeit gibt, die DU speziell brauchst.  Suche dir jemanden, der dir zeigt, wie man sich entspannt, wie sich alles löst. Wie du langsam aber stetig auf eine Partnerschaft mit deinem Pferd hin arbeitest. Ja, ARBEITEST, denn es wird Einsatz von dir erwartet. Aber du bekommst auch ein Geschenk. Das Geschenk, dass, egal wie dein Tag war, deine Woche, der letzte aufreibende Telefonanruf, egal was war, du wieder geerdet wirst. Du wieder deine Mitte findest. Du deine Gedanken plötzlich ordnen kannst und du klarer siehst.
Suche dir aber auch jemanden, dem seine Pferde am Herzen liegen. Der dir als Lehrer Pferde zur Seite stellt, die ein gutes Leben haben und die gerne zu ihren Menschen kommen. Pferde, die nicht zwischen den vier Wänden ihrer Box und den vier Wänden der Reithalle wechseln, wo sie 4 bis sechs Stunden langweilige immer wieder kehrende Monotonie erleben, sondern Pferde, die die Abwechslung, die sie lieben , auch bekommen. Die die Sonne und den Regen genießen dürfen. Die neben der ernsthaften Arbeit im Viereck auch den frischen Galopp über die Felder erleben, zusammen mit ihren Menschen. Pferde, die eine Stunde Spielerei mit Stangen und Bällen genauso gerne annehmen wie eine Stunde Putzen und Kuscheln und den Gedanken einfach nachhängen, ohne nervige Fragen zu beantworten.
Suche dir Menschen, die die Vielfalt willkommen heißen. Menschen, die nicht mit dem Finger auf andere deuten, die vermeintlich schlechter oder weniger schön reiten. Denen es egal ist, ob du den Spind voller Schleifen hast, oder Stalltafeln von O-Ritten und Wanderritten. Menschen, denen die schönen Stunden wichtig sind, die sie mit dem Pferd verbringen, egal auf welche Weise. Denen es egal ist, ob da ein Westernsattel oder Englischsattel auf dem Pferderücken liegt, sondern denen der Mensch mit all seinen Facetten wichtiger ist. Menschen, die Anderes, Unbekanntes nicht fürchten, sondern als Bereicherung betrachten.
Suche das und fang einfach an. Wer erwartet denn, dass du es auf Grand Prix- Niveau schaffst? Keiner. Stelle dich und deine Zufriedenheit und die der Tiere  in den Mittelpunkt. Suche das. Und dann wirst du es finden. Das was wir, die wir als "Pferdeverrückte" bezeichnet werden, schon gefunden haben.
Glück
Glücklich sein... (Bild: Rainer Fuchs)